Mit dem Motorschirm in der Sahara
Bilderbericht über eine Reise durch Süd Tunesien,
von Djerba zur Algerischen Grenze und zurück.
Nun auch 4 kurze Videos von Viktor (Walkerjet) hier
Am 06. November ging’s los in Paris Orly, Flug nach Djerba. Wir waren 24 Moschi Piloten, dabei auch der Chefredakteur (und GS Weltrekordler) der französischen Zeitschrift „Aerial“ und der bekannte Motorschirm Fotograf Franck Lechenet. Ein weiterer dänischer Journalist, der für eine amerikanische Zeitschrift arbeitet, schloss sich in Djerba der Gruppe an.
Wir verursachten am Airport mit unserem Gepäck einiges Aufsehen (wir hatten, je nach Motor 55- 65 kg Gepäck dabei), der Check-In verlief aber problemlos, außer, dass ein Kollege seinen Tank dort lassen musste, weil er wegen Benzingeruch aufgefallen war. Der fehlende Tank wurde in Djerba kurzerhand durch einen 20 L Wasserkanister ersetzt. Die Motoren waren ansonsten gut gereinigt und parfümiert, in den Tank kann man auch einige Kaffeebohnen legen, und die Transportbehälter mit Deo Stics versehen.
Einchecken in Paris Orly Ankunft in Djerba
Montag, 07.11.2005
Der Morgen war dem auspacken und montieren der Motoren vor dem Hotel gewidmet. Was für die anderen Hotelgäste eine interessante Abwechslung war, wurde für uns zu einer Art Fragestunde.
Unsere Fahrzeuge kamen an, wir konnten verladen. Motoren und Schirme kamen in den Kofferraum, der Rest aufs Dach.
Für jeden Piloten war ein 20 L Kanister vorhanden. Jeweils 3 Piloten wurden einem Fahrzeug mit einheimischem Chauffeur zugeteilt. Die Karawane setzte sich in Richtung Festland in Bewegung. Unterwegs wurden noch die Kanister gefüllt.
Auf dem Festland angekommen, wurden wir von einem Militärfahrzeug, besetzt mit einem Kommandant und seinem Fahrer erwartet. Sie sollten uns, vermutlich zu unserem Schutz, die ganze Tour begleiten.
Kurz vor Tataouine wurden die Motoren getestet und erste, kurze Probeflüge gemacht.
Übernachtet wurde im Hotel Sangho in Tataouine.
Am Vormittag Start etwas außerhalb von Tataouine in der Steinwüste am Rande eindrucksvoller Tafelberge.
Der Flug führt über Douiret nach Chenini. Um nach Chenini zu gelangen, muss ein stark zerklüftetes Hochplateau überflogen werden. Obwohl ich etwa 200 m über dem Plateau fliege, ist es hier extrem bockig, behalte schon den Griff der Rettung im Auge und bin endlich froh über dem Dorf zu sein. Hier wird es ruhiger, ich gehe tiefer, fliege am Ortsschild vorbei, ja, richtig, Chenini. Landung beim Ortsschild.
Frauen und Kinder kommen aus den nahen Häusern, bestaunen den Außerirdischen und befühlen den Schirm. Zwei Gendarmen auf Mofas kommen angefahren, stellen Fragen und zeigen sich besorgt um meine Sicherheit. Es wäre für mich und für sie besser, ich würde im nahen Café auf das Fahrzeug warten. Sie begleiten mich und ich spendiere eine Runde Kaffee.
Mein Fahrzeug kommt nach gut 2 Stunden, die anderen sind wieder zum Startplatz zurückgeflogen, war ihnen wohl zu unruhig.
Am Nachmittag Transfer durch die Steinwüste Richtung Oase „Ksar Ghilane“. 50 km vor der Oase wurde gestartet. Das Briefing war knapp: fliegt immer nach Westen der Piste entlang!
Gesagt, getan, es wurde ein beeindruckender Flug.
Gelegentlich kam ein Jeep mit Touristen entgegen, meistens Japaner und alle schwer bewaffnet. Sie schossen durch die Windschutzscheibe oder ließen den Fahrer anhalten. In größte Verzückung verfielen sie, wenn ich in Augenhöhe vorbeiflog.
Wir Landen vor der Palmenplantage, wieder umringt von vielen Neugierigen.
Die Oase verfügt über eine heiße Quelle, und es gibt einen Teich unter Palmen in dem wir gleich ausgiebig baden.
Die ganze Gruppe sitzt schon im „Strandcafé“, als Yannik, der noch im Wasser liegt, nach einem Kaffee ruft. Der Wunsch wird prompt erfüllt: man bringt einen Kaffee, dreht den nächsten Plastikstuhl um, Tasse darauf, das Ganze ins Wasser gelassen, kleiner Stoss und der Kaffe schwimmt zu Yannik. Und er geniest.
Hier übernachten wir in Berberzelten. Romantisch aber mit wenig Komfort.
Vormittags lokaler Flug in der Nähe der Oase.
Heize mit Franck im Tiefflug und Flügel an Flügel über die Dünen. Und immer wieder „toucher“, berühren mit den Ohren.
Hier ist der Übergang von Stein- zur Sandwüste.
Nachmittags, nach ausgiebigem Baden im Teich, ähnliches Briefing wie gestern: fliegt ca. 14 km nach NO, folgt dann der Piste etwa 27 km nach Norden bis zu einer einsamen Hütte. Angeblich ein Café.
Ich starte kurz nach Patrice, habe keine Chance ihn einzuholen, bleibe aber auf Sichtweite. Die typische, französische Methode, nach dem Start die Trimmer voll aufzumachen, konnte ich mir bisher nicht angewöhnen.
Und hier soll bald ein Café kommen???
Sehe nur ein einsames Dromedar
Die Sonne geht bald unter, bin schon 1:15h unterwegs, nahezu windstill, Zeit für eine Zigarette, natürlich vor dem Start gedreht ;-) , schmeckt mir auch besser als die Wasserpfeife an der Hotelbar.
Kneipe in Sicht!!!
Und Patrice im Endanflug.
Große Enttäuschung:
kein Landebier,
es gibt nur Kaffee oder Tee.
Der letzte Kollege kommt erst bei Dunkelheit an, zwei Autos mit eingeschalteten Scheinwerfern werden am Landeplatz platziert.
Übernachtet wird im Hotel in Matmata. Inzwischen hat sich ein gewisses Ritual eingespielt. Ankunft im Hotel, Schlüssel holen, 1-2 Bier an der Bar, dann duschen. Und wenn’s dann laut wird, ist Briefing bei Franck im Zimmer angesagt. Jetzt verstehe ich auch, warum sie den Dutty Free Shop bei der Ankunft auf Djerba gestürmt haben. Spirituosen aller Art, dazu die Bilder des Tages auf dem Laptop von Franck, dem Fotografen. Hier ging es immer laut und heiß her.
Transfer von Matmata nach Douz. Die Kleinstadt hat den Beinamen „Tor zur Sahara“.
Hier sehen wir auch Fahrzeuge, die für Paris – Dakar trainieren.
Startplatz ist das „Stadion“.
Auf der einen Seite eine Tribüne, auf der anderen Seite beginnen die Sanddünen.
Hier starten wir zu einem Streckenflug nach Zaafrane und zurück.
Die Dromedare warten auf Kundschaft
Dattelplantage,
im Hintergrund Douz
Beindruckende Landschaft bei Zaafrane
Fahrt von Douz nach Tozeur durch das „Chott el Jerid“, dem größten, ausgetrockneten Salzsee Nordafrikas mit einer maximalen Länge von ca. 250 km. Auf der Oberfläche des Schotts spiegeln sich Fata Morganen. Nichts als grenzenlose Weite verbunden mit absoluter Leere.
Aus diesem Nichts taucht plötzlich ein Café mit Souvenirladen und dieser hübschen Toilette auf. Apropos Toiletten, viele von unserer Gruppe wurden von Durchfall geplagt, Toilettenpapier immer „am Mann“ war Pflicht.
Der Spruch:
Wo ist die Toilette?
Geradeaus!
Welche Richtung?
Egal!
war öfters zu hören.
Ankunft in Tozeur, Hotel bezogen, hier bleiben wir zwei Tage. Dann Weiterfahrt zum Startplatz hinter Nefta, direkt am Salzsee. Beim Aufbauen bemerke ich einen Riss im Auspuff. Mein Chauffeur fährt mich nach Nefta, er hat einen Bekannten dort mit einer Werkstatt. Die Werkstatt entpuppt sich als wilde Hinterhofgarage, aber schweißen kann der Mann. Ich bezahle 10 Dinar, ca.6 €, vermutlich überhöht, aber alle sind zufrieden.
Wieder am Startplatz, der Wind hat deutlich zugelegt, etliche sind schon in der Luft. Für mich war es zum einen schon zu spät, zum anderen zu windig. Wir fahren die Piste entlang und sammeln die Kollegen ein. Bin froh, nicht geflogen zu sein, die Kollegen mussten rückwärts fliegend landen.
Heute fliegen wir zur Kulisse von „Star Wars“. Die Kulisse für den Film wurde in den Dünen zwischen dem Chott el Jerid und dem Chott el Gharsa aufgebaut und dient heute als Touristenattraktion. Der Regisseur Steven Spielberg hat diese Landschaft für seine berühmten Filme "Krieg der Sterne" und "Indiana Jones" als Drehort verwendet.
Wieder sehr starker Wind, zwischen 25 – 30 km/h. Der Wind ist laminar, 30 min. gegen den Wind fliegen, dann umdrehen und in 5 min. wieder am Ausgangspunkt, wir haben viel Spaß.
Am Abend noch ein Flug bei Nefta am Salzsee.
Am Morgen besuchen wir den Markt in Tozeur, dann Transfer nach Chebika. Eine kleine Oase am Rand des Gebirges. Hinter dem Gebirge liegt Tamerza, wo wir heute übernachten werden. Eigentlich wollten wir Tamerza fliegend erreichen und vor dem Hotel einlanden. Aber der Wind ist stark und über dem zerklüfteten Gebirge wäre es vermutlich unangenehm.
So bleiben wir bei der Oase und fliegen die eindrucksvolle Gebirgskette ab.
Kollege Xavier probiert den Überflug trotzdem, und berichtet am Abend von einem Totalzerstörer mit eintwisten, was er aber wieder in den Griff bekam und vor dem Hotel landen konnte.
Xavier Remond flog schon in der französischen GS Nationalmannschaft und hat auch einen GS Weltrekord erflogen.
Das Dorf Chebika bei der kleinen Oase.
Wir haben im Hotel Tamerza Palace übernachtet, das einzige und beste Hotel in der Gegend.
Nein im Ernst, ein hervorragendes vier Sterne Hotel.
Wir starten in einem ausgetrockneten Flussbett bei Tamerza, nahe bei einem Süßwassersee der als Trinkwasserreservoir der Gegend dient.
Franck dirigiert die Piloten per Funk zum Fotoshooting. Ein super Motorschirm Pilot,
er fliegt jährlich zwischen 300 – 600 Stunden.
Den Tankinhalt kontrolliert er natürlich mit der Kamera ;-)
(Profikamera mit 13 Megapixel und riesigem Objektiv)
Am Abend noch ein Flug bei Chebika.
Das allabendliche Briefing bei Franck dauert heute außergewöhnlich lange, er präsentiert wieder exzellente Fotos und die Vorräte gehen nicht zu Ende, immer wieder tauchen neue Flaschen auf.
Wir schaffen es gerade noch zum Abendessen.
Unser Mechaniker Alain nimmt gelegentlich einen Motor mit in sein Zimmer und zerlegt ihn dort.
Hier mit einem Solo, bei dem er das Deko Loch reinigt.
Wir verlassen Tamerza (sind hier nahe der Grenze zu Algerien) und fahren wieder Richtung Osten nach Douz.
Am Nachmittag fast 2 Stunden bei Douz geflogen.
Joel nimmt den Chauffeur des Kommandanten im Tandem mit. Der Kommandant selbst ist leider zu schwer. Der Chauffeur weigert sich zunächst, sagt er habe Angst, wird aber schließlich überredet und eingehängt. Die Anwesenheit des Vorgesetzten fördert vermutlich seine Motivation.
Er ist jedenfalls nach der Landung hellauf begeistert und vermutlich der einzige tunesische Soldat, der jemals Motorschirm geflogen ist.
Eine einsame, einfache Hütte am Rande der Wüste mit Esel und Karren. Der Besitzer ist nicht zu entdecken.
Zurück zum Hotel nach Douz. Vor dem Hotel stehen zwei Fahrzeuge mit Anhänger und Aufschrift „Ballonfahren Baden-Baden“. Seit langem schon kenne ich einen Ballonfahrer aus Baden-Baden. Kennen gelernt haben wir uns über das Internetforum von Motorschirm.de. Zu einem persönlichen Treffen kam es bisher noch nicht. Und tatsächlich treffe ich Christof im Hotel. Die Überraschung war riesig, die Welt ist klein.
Letzter Flugtag, morgen geht es zurück in die kalte Heimat.
Das gewohnte, kurze Briefing: fliegt 70 km nach Osten Richtung Matmata der Strasse entlang bis zu einer Kreuzung. Dort steht eine Hütte mit Café.
Start im Stadion von Douz bei kräftigem Westwind, starte als erster und fliege der Strasse entlang.
Wegen möglicher Aussenlandung war es empfehlenswert, immer in Sichtweite zur Strasse zu fliegen. Manche hatten deshalb einen kleinen Lenkdrachen dabei um den ggf. steigen zu lassen und so leichter gefunden zu werden.
Zunächst war’s ein ruhiger Flug, später wurde es etwas bockig.
Ich fliege wie gewöhnlich mit geschlossenen Trimmern zwischen 55-60 km/h (die max. Geschwindigkeit lag bei 64 km/h), hab’s ja nicht eilig und außerdem Schiss bei dieser Windgeschwindigkeit die Trimmer zu öffnen. So werde ich nach und nach von anderen Piloten ein- und überholt.
Geschafft, nach 1:30h für die 70 km.
Mit offenen Trimmern war die Strecke auch in 1:15h zu fliegen.
Franck kommt auch schon
Das Café ist leider geschlossen, aber die Freude über den super Flug zum Abschluss ist groß.
Beim Einpacken bemerke ich noch, dass mein Auspuff wieder einen Riss hat.
Hat er gut gemacht, der Schweißer.
Hervorragend organisiert wurde die Tour von C.H.O.C.S. Aventures: http://chocs.aventures.free.fr/
Auf deren Internetsite sind das Programm, sowie weitere Bilder zu finden.
An dieser Stelle nochmals meinen herzlichsten Dank an die Organisatoren und an alle Teilnehmer.
Es war ein unvergessliches Abenteuer.
Weiter Bilder, auch von anderen Touren weltweit, bei Franck: http://lechenet.free.fr/
Jürgen Ehret